Interview

Torgutachter Markus Macal

„Größte Probleme durch unsachgerechte Montage!“

Markus Macal (51) ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Metallbauerhandwerk, u.a. für Tortechnik. Macal hat sein Handwerk von der Pike auf gelernt, ist Metallbaumeister, Betriebswirt des Handwerks und leitet außerdem seinen Betrieb alm-Tor in Moers. Er weiß, worauf es bei Toren ankommt.

metallbau: Herr Macal, gleich zu Beginn eine Verständnisfrage: Was ist ein Tor?

Markus Macal: Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR A1.7 definieren Tore als bewegliche Raumabschlüsse, vorzugsweise für den Verkehr mit Fahrzeugen und für den Transport von Lasten mit oder ohne Personenbegleitung. Ein Gartentor ist demnach eine Tür, weil es nur für Fußgänger konzipiert ist. Bei der Definition geht es nicht um die Größe, sondern darum, ob das Bauprodukt für Fahrzeuge zugelassen ist.

metallbau: Wohin gehen die Trends der Tortechnik, speziell von Dreh- und Schiebetoren?

Macal: Toranlagen werden heute fast immer elektrifiziert und automatisiert, seltener werden noch mechanisch bedienbare Tore verlangt. Das dient dem höherem Bedienkomfort und mehr Nutzungssicherheit. Damit einher geht die Safety-Sicherheitstechnik, die die DIN EN 12453 vorgibt. Da geht es um Abdeckungen, Lichtschranken und Schaltleisten bzw. -matten und wo diese montiert werden müssen. Sicherheitstechnik mit nicht berührungsloser Überwachung, so zum Beispiel Kontakt- bzw. Druckleisten, wird immer mehr durch berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen abgelöst.

metallbau: Welche Vorteile bieten berührungslose Sensoren?

Macal: Noch immer gibt es schwere und sogar tödliche Unfälle durch Tore, ganz gleich, ob sie hand- oder kraftbetätigt sind. Das passiert, wenn Tore zum Beispiel aus dem Portal ungewollt herausfahren und umkippen. Auch kann es Quetschzonen in den Öffnungsbereichen und an den Nebenschließkanten der Torflügel geben, die oft durch falsche Montage entstehen. Meist gibt es dort gar keine Sicherheitstechnik. Und selbst wenn sich Sicherheitskontaktleisten im Hauptschließbereich befinden, können Unfälle passieren, weil die Kontaktleisten auf Berührung bzw. Druck reagieren. Für Kinder kann das zu spät sein, wenn sie dorthin gelangen. Deshalb ist es sinnvoll, dass Gefährdungsbereiche zusätzlich durch berührungslose Radar- oder Infrarotsensoren oder Lichtschranken vollständig überwacht werden, um das Tor bei Gefahr zum Stillstand zu bringen.

metallbau: Wie kann es generell zu diesen Gefährdungen kommen, wo doch Tore zugelassene, sichere Bauprodukte sind oder zumindest sein müssten?

Macal: Das stimmt. Sämtliche Tore müssen in Deutschland nach der Tor-Produktnorm DIN EN 13241 konstruiert und gefertigt werden. Sie verfügen über eine CE-Kennzeichnung und eine Leistungserklärung. Die Nutzungssicherheit kraftbetätigter Tore beschreibt die DIN EN 12453. Die meisten Gefährdungen gehen nicht von einem zertifizierten Bauprodukt aus, sondern resultieren aus unsachgemäßer Montage.

metallbau: Das sind sicher typische Probleme, mit denen Sie als Sachverständiger und Gutachter konfrontiert werden?

Macal: In der Tat geht es bei meiner Tätigkeit als Sachverständiger fast immer darum, dass bei der Montage irgendetwas übersehen wurde, Sicherheitstechnik nicht richtig und manchmal gar nicht montiert wurde. Wir haben in Deutschland leider nicht ausreichend und nicht richtig gut ausgebildete Monteure. Es ist in der Regel gar nicht das eigentliche Tor, sondern oft die mangelhafte Montage. Da werden Pfosten zu weit weg vom Tor gesetzt, sodass Schaltleisten nicht schalten können. Oder die Monteure haben noch nie etwas von einem Prüfstück gehört, das für die sichere Montage notwendig ist. Oder es werden irgendwelche Dübel benutzt, die sich gerade im Werkzeugkoffer befinden. Das alles kann fatale Folgen haben.

metallbau: Wie könnte man gegensteuern?

Macal: Auf jeden Fall mit Weiterbildung. Ich denke, die Metallbau-Unternehmer müssen ihre Mitarbeiter auch in Bezug auf Montagetätigkeiten und speziell für sicherheitsrelevante Bauteile wie Tore regelmäßig zu Schulungen schicken. Die Tormontage ist schon sehr komplex. Das beginnt beim Fundament, dem fachgerechten Setzen der Pfosten und endet bei der normgerechten Installation einer Lichtschranke. Mit drei weiteren öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen lehre ich an der Akademie für Perimeter-Protection in Moers. Seit 2016 bieten wir praxisnahe Technikseminare mit Sachkundigenprüfung zum Thema Tore, Türen, Schranken, inklusive der Risikoanalyse und -beurteilung nach der Maschinenrichtlinie an.

metallbau: Unterm Strich: Ist ein allgemeiner Metallbaubetrieb überhaupt in der Lage, Toranlagen normgerecht, mit allen erforderlichen Prüfungen und Unterlagen zu fertigen und zu errichten? Vor allem, wenn er dies nur ab und zu im Jahr macht?

Macal: Die Frage ist berechtigt und ehrlicherweise kann ich das niemandem empfehlen. Natürlich wäre ein Metallbauer dazu in der Lage, sich das nötige Fachwissen anzueignen. Aber es wird sich nicht rechnen. Sinnvoll ist der Torbau für alle jene, die sich darauf spezialisieren und zumindest einige Anlagen pro Jahr bauen. Als Metallbauer kann man aber auch zertifizierte Produkte von Spezialisten zukaufen und beim Kunden montieren.

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