P + W Metallbau

„Wir sind auf Nachhaltigkeit geprüft!“

Im Januar 2022 bescheinigte das Deutsche Institut für Nachhaltigkeit und Ökonomie (siehe Interview S. 40) mit einem Zertifikat der Firma P + W Metallbau in Meckenbeuren am Bodensee, dass sie nachhaltig ist. Jürgen Auer ist der Geschäftsführer des auf Silo- und Anlagenbau spezialisierten Betriebs. Er erhofft sich durch die Zertifizierung Vorteile im Wettbewerb, aber er weiß auch, welch langer Weg hinter ihm liegt. Ein Erfahrungsbericht.

Internationale Kunden, 140 Mitarbeiter — P+W Metallbau hat als Spezialist des Silo-, Behälter- und Anlagenbaus mehrere Eisen im Feuer. Regional und auf der Weltbühne kennt man ihn; vieles, was mit dem Thema Rohstoffhandling zu tun hat, liefert er. Und das umfasst so gut wie alle Industriezweige, sei es die Lebensmittel- oder die Kunststoffverarbeitung, die Chemieindustrie, Papierherstellung, Logistik oder die Pharmazeutik. „Wir sind sehr breit aufgestellt, produzieren Silo- und Turn-Key-Anlagen genauso wie Material-Austragungssysteme für Silos. Viele unserer Kunden sitzen in Australien, Neuseeland, USA, im arabischen Raum. Und bis zu diesem Februar hatten wir auch russische Firmen bedient“, sagt Jürgen Auer.

Angesichts des internationalen Kundenstamms stellt sich natürlich die Frage nach dem Unternehmenswachstum. „Unser Ziel“, so der 55-Jährige, „ist, nachhaltig größer zu werden, nicht exponentiell. Wir wollen zum Beispiel keine externen Investoren, sondern aus eigener Kraft wachsen. So können wir die Strukturen formen, wie wir sie brauchen.“

Nachhaltiges Wachstum – nachhaltiger Betrieb?

Ihm sei dabei wichtig „auch die Leute mitzunehmen und nicht nur einseitig zu denken.“ Konkret heißt das für Auer, in Nachhaltigkeit zu investieren – ohne die wirtschaftlichen Aspekte zu vernachlässigen. Anfang 2022 ließ er deshalb sein Unternehmen zum ersten Mal von einem externen Dienstleister, dem Institut für Nachhaltigkeit und Ökonomie aus Münster, nach entsprechenden Kriterien prüfen und zertifizieren. Dass es seinem Betrieb ein Leichtes war, das Nachhaltigkeitssiegel zu erlangen, hat damit zu tun, dass er früh in Umwelttechnologien eingestiegen war.

Vorhandene Ressourcen nutzen

Begonnen hat er damit vor ca. 15 Jahren. Zuerst ließ er auf dem Dach der Produktionshalle eine Photovoltaikanlage errichten, später kam eine weitere auf einer Freifläche hinzu. Keiner in der Firma oder Familie habe damals über Nachhaltigkeit gesprochen, geschweige denn an eine Zertifizierung gedacht. Heute bescheren die PV-Anlagen der Firma mehr Strom, als sie verbraucht. „Ich bin ehrlich: Die meisten Themen sind wir angegangen nicht wegen des Klimas oder der Umwelt. Sondern aus wirtschaftlichen Gründen“, sagt der Unternehmer. „Mittlerweile ist aber auch ein Denkanspruch dahinter. Wir hinterfragen immer, wie wir die uns zur Verfügung stehenden Ressourcen, dazu gehören auch regenerative Energien, besser nutzen können.“

Umweltverträglich ist außerdem die Aufbereitungsanlage, die seit 30 Jahren auf dem Gelände der P + W Metallbau steht und mit der sie ihr Beiz-Abwasser von Schwermetallen reinigt. Zudem verfügt der Silohersteller über Entkalkungsanlagen, hat Produktionsmaschinen mit möglichst geringem Energieverbrauch und LED-Beleuchtungen in den Büros und Produktionshallen. Zum Heizen nutzt er Wärmerückgewinnung – „Das ist“, so Auer, „ganz klar ein wirtschaftlicher Faktor in der heutigen Zeit.“ Aktuell plant er, für seine Mitarbeitenden auf dem Firmengelände E-Ladesäulen zu installieren.

Kreislaufsysteme und regionale Beschaffung

Einen deutlichen Effekt auf die Nachhaltigkeitsbilanz des Unternehmens haben die Kreislaufsysteme, die vor rund fünf Jahren etabliert wurden. Warum er das macht? „Um den Marktpreisen entgegenzuwirken“ erklärt er.
Positiv schlägt zu Buche, dass Auer die Materialien und Rohstoffe für die Herstellung seiner Silos und Anlagen möglichst regional beschafft. Dem sind insofern Grenzen gesetzt, als einige Produkte nur auf internationalen Märkten zu haben sind. Was den Firmenchef nicht sonderlich begeistert, ist, wenn regionale Zulieferer in ihren Angeboten höhere Transportkosten ansetzen als diejenigen Firmen, die aus entfernteren Orten kommen. In solchen Fällen konfrontiert Auer sie mit der billigeren Konkurrenz – in der Hoffnung, sich einigen zu können. Auch so versucht der Geschäftsmann aus Meckenbeuren, Veränderungen in Gang zu setzen, die einerseits wirtschaftlich, andererseits gut für die Umwelt sind.

Produktinnovationen und soziales Engagement

Den eigenen CO2-Fußabdruck senken – auch für diesen Bereich hat P + W Metallbau Lösungen parat. Verraten sei an dieser Stelle, dass der Silohersteller gerade an einer Produktinnovation arbeitet, die auf verschraubbaren Paneelsystemen basiert und den Transport und die Montage der großen Siloanlagen vereinfachen wird. Auf Schwertransporte wird die Firma deshalb in Zukunft zu einem gewissen Anteil verzichten können. Darüber hinaus sollen geschicktere Verpackungssysteme dazu beitragen, den Ausstoß der Firma an Treibhausgasemissionen zu reduzieren.

Im Sozialen ist der Metallbauer aus Meckenbeuren ebenfalls engagiert, sponsert unter anderem Sport-, Fußballvereine oder regionale Feste. „Wir sind durch die Region und mit unseren Mitarbeitern groß geworden, deswegen möchten wir auch etwas zurückgeben“, so Auer. Gleichzeitig versucht er, regional einzustellen. „Die Leute sind hier verwurzelt. Diese Authentizität soll sich auch im Unternehmen widerspiegeln.“ Das bedeutet aber nicht, dass all seine Mitarbeitenden den gleichen kulturellen Hintergrund oder Glauben haben – im Gegenteil. Ob in der Montage, dem Lager, der Produktion oder in der Verwaltung: In allen Bereichen arbeiten internationale und „bunte“ Teams.

Drei gute Argumente

Ob sich Investitionen in nachhaltige Systeme und Prozesse finanziell lohnen, lässt sich mal mehr, mal weniger gut und unmittelbar in Zahlen darstellen. Das mag mit ein Grund sein, warum viele Betriebe noch davor zurückschrecken. Im Fall des Nachhaltigkeitssiegels kann Auer auch keine eindeutige Antwort geben – die Zukunft wird es vermutlich zeigen. So haben nicht alle in der Firma sofort begeistert „Ja“ gerufen, als es hieß, man würde eine Zertifizierung anstreben. Wie hoch die Kosten für das Siegel waren, will der Geschäftsmann nicht preisgeben. Und Zeit ist ein weiterer Faktor, den man bei einem Zertifizierungsprozess einkalkulieren muss. Nach eigenen Angaben hat allein Auer gut zwei bis drei Wochen in die Vorbereitung investiert. Die hat er gebraucht, um sich in die Thematik einzulesen und um sich mit den entsprechenden Fragebögen des Instituts auseinanderzusetzen. Das Audit selbst verlief dagegen „relativ flott“, erinnert er sich. „Der Auditor war ab morgens da, hat sich alles angeschaut, geprüft und am Ende des Tages das Go gegeben.“

Einige Mitarbeiter, die ihm Greenwashing vorwarfen, konnte er überzeugen: Zum einen habe das Unternehmen schon vor der Zertifizierung Wege der Nachhaltigkeit beschritten. Und zweitens „hat es einen ganz anderen Stellenwert, wenn uns ein externer Dienstleister verifiziert, als wenn ich selbst behaupte, nachhaltig zu sein.“

Das dritte Argument dürfte aber das schlagkräftigste sein: Denn mittlerweile sind es Auers Kunden, die ihn fragen, wie er sich zum Thema Nachhaltigkeit positioniert. Daher findet man P + W Metallbau auf der Validierungsplattform EcoVadis. „Unsere Nachhaltigkeitsberichte nutzen wir, um in den Firmenrankings hochzukommen,“ erläutert er.

Nachhaltigkeit, ein fortlaufender Prozess

Aus den Maßnahmen, die er in Sachen Nachhaltigkeit angeschoben hat, verspricht sich der 55-Jährige selbstverständlich Wettbewerbsvorteile. Er unterlässt aber nicht zu wiederholen, dass er als Unternehmer „am Ende des Tages wirtschaftlich handeln muss“. Deshalb sei Nachhaltigkeit für ihn auch „kein Standpunkt, sondern ein fortlaufender Prozess“.

Derzeit beschäftigt sich Auer damit, ob sich der Betrieb dem AIUIF anschließen soll, einem Unternehmensnetzwerk, das für den Rohstoff Aluminium einen geschlossenen Wertstoffkreislauf organisiert. Noch hat der Firmenchef nicht prüfen lassen, ob sich recyceltes Aluminium für seine Silos eignet – 30 m Höhe und 6,5 m Durchmesser stellen doch sehr hohe Anforderungen an Beschaffenheit und Qualität des Materials. Die Entwicklung in Richtung „nachhaltig“ geht weiter, selbst mit dem Einsatz von recyceltem Aluminium für den Behälterbau werden die Möglichkeiten von P + W Metallbau nicht ausgeschöpft sein. Dazu steuern fortlaufend Wissenschaft und Forschung bei.

www.pw-metallbau.de

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