Ejektoren für Industriekälteanlagen mit CO2 als Kältemittel

Nachhaltigkeit und Effizienz am Beispiel eines Distributionszentrums und einer Wärmepumpe

Steigende Energiekosten und gesetzliche Vorgaben wie die EU-F-Gase-Verordnung rücken das Thema Nachhaltigkeit von Kälteanlagen zunehmend in den Fokus. So ermöglicht die Verwendung von CO2 (R744) als Kältemittel in Kombination mit hocheffizienten Verdichtern sowie regelbaren Ejektoren eine hohe Effizienz sowohl in Voll- als auch in Teillast. Sogenannte High-Lift-Anwendungen mit Ejektoren für R744-Systeme können die Leistung pro Fördervolumen für Spitzenleistungen erhöhen, die Energieeffizienz der Anlage steigern und gleichzeitig die Investitions- und Betriebskosten senken.

Wie es gelingen kann, die Steuerung der einzelnen Komponenten optimal aufeinander abzustimmen, verdeutlichen exemplarisch eine simulierte Auslegung eines Distributionszentrums sowie einer Wärmepumpe für ein Fernwärmenetz. Zusätzlich wird der energetische Vorteil anhand des Distributionszentrums demonstriert.

Ejektoren in der Kältetechnik

Aktuelle Standardlösung für die Anwendung von CO2 als Kältemittel ist das sog. Flash-Gas-Bypass-System (FGB-System). Dabei wird der Druck im Mitteldruckbehälter durch ein FGB-Ventil geregelt und liegt über dem erforderlichen Verdampfungsdruck. Für zwei unterschiedliche Temperaturniveaus, zum Beispiel Normalkühlung (NK) und Tiefkühlung (TK), wird eine Booster-Konfiguration eingesetzt. Das Konzept der Parallelverdichtung fördert den Drosseldampf mit weniger Druckdifferenz aus dem Mitteldruckbehälter auf Hochdruckniveau und erhöht damit die Energieeffizienz.

Eine Alternative zu FGB- und Parallelverdichter-System ist die Booster-Anlage mit Ejektor(en) (Bild 1). Hier sind die Hochdruck-Ejektoren am Ausgang des Gaskühlers installiert.

Zwei Betriebsarten lassen sich unterscheiden:

Im Betrieb mit Saugeffekt entlastet der Ejektor die NK-Verdichterstufe und belastet die Parallelstufe. Angetrieben durch die Energie des aus dem Gaskühler kommenden Treibmassenstroms wird der Druck des Saugmassenstroms aus dem Sammler ausgangs der NK-Verdampfer von NK-Saug- auf Mitteldruck angehoben. Das FGB-Ventil ist in diesem Zustand geschlossen. Durch den erzeugten Druckhub der Ejektorstufe kommt der energetische Vorteil der Parallelverdichtung zum Tragen, da mehr Massenstrom mit geringerem Druckverhältnis und erhöhter Sauggasdichte von Mittel- auf Hochdruck verdichtet werden kann. Dabei wird der Druck im Mitteldruckbehälter durch die Parallelverdichterstufe geregelt.

Wird der Ejektor ohne Saugwirkung betrieben, ist das Regelventil vor dem Ejektor-Sauganschluss geschlossen. Die Parallelverdichterstufe ist somit außer Betrieb, und der Ejektor fungiert als präzises Hochdruckregelventil. Bei dieser Betriebsart wird der Druck im Mitteldruckbehälter durch das FGB-Ventil geregelt.

Simulation: Auslegung einer Anlage mit High-Lift-Ejektoren

Für die Simulation werden sieben regelbare Bitzer Ejektoren der HDV-Serie verwendet. Für eine Treibdüseneingangsbedingung von 92 bar(a) und 31 °C haben sie Treibmassenströme von 800-9500 kg/h. Aufgrund der Regelbarkeit des Ejektors ist kein zusätzliches Hochdruckregelventil notwendig. Für die NK- und Parallelstufe des betrachteten Distributionszentrums werden die neu entwickelten transkritischen ECOLINE 8-Zylinder-CO2-Hubkolbenverdichter von Bitzer verwendet (8CTE-140K, Fördervolumen 99,2 m³/h bei 50 Hz Netzfrequenz, Bild 2). Eine Leistungsregelung ist per Frequenzumrichter, alternativ per mechanischer Leistungsregelung möglich.

Die vorgestellten Berechnungen wurden mit einer Beta-Version der Bitzer Auswahlsoftware durchgeführt, die demnächst öffentlich zugänglich sein wird (//www.bitzer.de/websoftware:https://www.bitzer.de/websoftware).

Potenzielles Distributionszentrum

Das potenzielle Distributionszentrum, das als Anlage mit High-Lift-Ejektor ausgeführt wird, hat eine NK-Kälteleistung von 1000 kW (Verdampfungstemperatur -10 °C) und eine TK-Kälteleistung von 300 kW (Verdampfungstemperatur -35 °C). Der Ejektor fungiert als Hochdruckregelventil und erlaubt einen Betrieb als High-Lift- oder FGB-System. Sowohl in der TK-Stufe als auch nach dem Gaskühler wird ein innerer Wärmeübertrager verwendet. Die nutzbare Überhitzung an den Verdampfern beziehungsweise den nachfolgenden Saugleitungen wird mit je 6 K angenommen. Druckverluste durch Leitungen und in Wärmeübertragern werden vernachlässigt.

Die Auslegung erfolgt für den Voll- und Teillastbetrieb anhand von fünf Umgebungstemperaturen, um jahreszeitliche Einflüsse zu berücksichtigen, wie in Tabelle 1 dargestellt. Hinsichtlich des Lastprofils wird zwischen „offen“ und „geschlossen“ unterschieden.

Analyse des Distributionszentrums

Für Betriebsbedingung (a), einen typischen Sommertag, wird eine Auslegung für verschiedene Druckhübe (7-12 bar) durchgeführt. Der Einfluss auf die Parameter COP, Sauggas- und Druckgastemperatur der NK-Verdichterstufe ist in Bild 3 dargestellt. Sinkt der Druckhub des Ejektors, so steigt der Massenstrom, der durch den Ejektor nach dem NK-Verdampfer abgesaugt wird. Dies verringert den NK-Massenstrom, der mit dem überhitzten TK-Druckgas gemischt werden kann. Die Sauggastemperatur der NK-Verdichter sowie die Druckgastemperatur steigen folglich an. Bei einem Druckhub von 7 bar wäre die Sauggastemperatur 49 °C und die Druckgastemperatur 188 °C. Die maximale Druckgastemperatur des Verdichters ist auf 160 °C beschränkt – bei 7 bar Druckhub wäre also die thermische Grenze der Verdichter überschritten. Bei hohen Umgebungstemperaturen und niedrigen Druckhüben ist daher auf die Saug- und Druckgastemperatur der NK-Verdichterstufe zu achten. Je kleiner das Massenstromverhältnis von NK-Verdampfer zu TK-Verdampfer, desto eher tritt dieses Phänomen auf.

Als Druckhub für den Volllastbetriebspunkt werden 9,5 bar gewählt. Dies ergibt eine optimale Systemlösung für COP, Verdichteranzahl und Druckgastemperatur. Es sind fünf 8CTE-140K (zwei in der NK- und drei in der Parallelstufe) sowie ein
4TME-20K und drei 4PME-25K der subkritischen ECOLINE-ME-Serie von Bitzer in der TK-Stufe notwendig. Der „Führungsverdichter“ jeder Stufe wird mit Frequenzumrichter betrieben. Das jeweilige aktive Fördervolumen ist für die NK- und Parallelstufe in Tabelle 2 dargestellt. Von den fünf benötigten Ejektoren, dargestellt in Tabelle 2, wird der HDV-E65 gedrosselt. Die Druckgastemperatur der NK-Verdichterstufe beträgt 154,5 °C und liegt damit in der erwarteten Spanne (vgl. Bild 3). Da ein dauerhafter Verdichterbetrieb für eine Druckgastemperatur von 154,5 °C nicht zu empfehlen ist, wird nach der TK-Verdichterstufe ein zusätzlicher luftgekühlter Rückkühler verwendet. Die Druckgastemperatur der NK-Stufe reduziert sich auf 149,5 °C. Der COP beträgt 1,69 und ist damit 21,5 Prozent höher als der des entsprechenden FGB-Systems (Bild 4).

Bei Betriebsbedingungen b, c, d und e arbeitet die Anlage subkritisch. Die am Ejektoreingang verfügbare, an den Hochdruck gekoppelte potentielle Energie nimmt mit sinkender Umgebungstemperatur ab. Verglichen mit einem FGB-System führt dies zu einer geringeren COP-Verbesserung (Bild 4), da der Ejektor immer weniger die NK-Stufe entlastet und die Parallelstufe belastet (Tabelle 2). Für Betriebsbedingung d (Winternacht) und e (Wintertag 2) reicht die am Treibdüseneingang verfügbare potentielle Energie für einen High-Lift-Betrieb nicht mehr aus – das Ventil auf der Saugseite des Ejektors wird geschlossen und der Kreislauf als FGB-System betrieben. Der Ejektor fungiert als Hochdruckregelventil.

Für Betriebsbedingung e (Wintertag 2) mit relativer NK-Last von 65 Prozent und TK-Last von 70 Prozent benötigt die Anlage einen NK-Verdichter mehr als im Volllastbetrieb für Betriebsbedingung (a). Die maximale Zahl an Verdichtern lässt sich allerdings durch einen „Swing-Compressor“ reduzieren, der je nach Betriebsbedingung als NK- oder als Parallelverdichter betrieben wird.

Eine Betrachtung von Voll- und Teillastbedingungen ist bei der Auslegung einer Anlage mit High-Lift-Ejektor elementar.

Analyse einer Wärmepumpe

Für die Berechnungen werden Betriebsbedingungen aus einer realen H1200-AW Luft-Wasser-Wärmepumpe für Fernwärme in Mejlby (Dänemark) verwendet. Die Daten wurden von Fenagy A/S zur Verfügung gestellt. Die Wärmepumpe ist als High-Lift-System ausgeführt und hat acht Bitzer 6DTEU-50LK Verdichter – je vier in der NK- und der Parallelstufe. Diese werden konstant mit 50 Hz betrieben. Für die Auslegung wird der FENeject durch einen HDV-E95 und zwei HDV-E65 Ejektoren ersetzt. Die zu analysierenden Betriebsbedingungen (Tabelle 3) sind den Felddaten der Wärmepumpe entnommen. Für den Winterbetrieb wird zusätzlich eine Betriebsbedingung bei einer Umgebungstemperatur von -5 °C angenommen. Druckverluste in Leitungen und Wärmeübertragern werden vernachlässigt, auch die Leistungsaufnahme durch Ventilatoren, Pumpen und Steuerung ist nicht berücksichtigt.

Die Ergebnisse von Simulation und realer Messung sind in Bild 5 dargestellt. Die simulierte und gemessene Heizleistung unterscheiden sich max. um 2,7 Prozent. Der simulierte Heiz-COP ist 8-10 Prozent höher als gemessen. Allerdings bezieht sich der simulierte COP nur auf die Leistungsaufnahme der Verdichter, während der gemessene COP auch die Leistungsaufnahme von Ventilatoren, Pumpen und Steuerung sowie Druckverluste berücksichtigt.

Bei der Wärmepumpe verschiebt sich der Massenstrom nicht von der Parallelstufe auf die NK-Stufe oder umgekehrt. Im Vergleich zur Booster-Anlage für das Distributionszentrum ändern sich die Bedingungen am Ejektoreingang kaum mit der Umgebungstemperatur. Der Zustand am Treibdüseneingang beziehungsweise der zugehörige Druck ist definiert durch die Rück- bzw. Vorlauftemperatur des Wassers und den Pinch-Point im Gaskühler – diese schwanken wenig mit der Jahreszeit. Die benötigte relative Ejektordüsenfläche verringert sich mit abnehmender Umgebungstemperatur (Bild 5). Je nach Betriebspunkt wird einer der drei vorliegenden Ejektoren gedrosselt oder gegebenenfalls (für Umgebungstemperatur -5 °C) abgeschaltet. Die Auslegung der Wärmepumpe erweist sich als deutlich einfacher als die eines Booster-Systems.

Fazit und Ausblick

Die Analyse des Distributionszentrums zeigt, dass beim Ejektor-Einsatz die COP-Verbesserung von der Umgebungstemperatur abhängt: Je höher diese ist, desto höher der Druck und die am Ejektoreingang verfügbare Antriebsenergie – und desto größer der energetische Vorteil durch die Parallelverdichtung. Sinkt der Hochdruck beziehungsweise die Austrittstemperatur am Gaskühler/Verflüssiger, nimmt auch der durch den Ejektor absaugbare Massenstrom ab. Eine Verlagerung der Last von der Parallel- auf die NK-Verdichterstufe ist zu beachten. Je nach Umgebungstemperatur und Lastprofil können für den Teillastbetrieb mehr NK-Verdichter nötig sein als für den Volllastbetrieb. Die Zahl der benötigten Verdichter lässt sich durch einen „Swing-Compressor“ verringern, der als Parallel- oder NK-Verdichter verwendet wird. Bei Auslegung eines Booster-Systems als High-Lift-Anwendung kann es bei hohen Gaskühleraustrittstemperaturen beziehungsweise -drücken zu einer hohen Verdichtersauggastemperatur/-druckgastemperatur der NK-Stufe kommen. Der Druckhub des Ejektors ist hinsichtlich Anlageneffizienz und Verdichtersauggastemperatur/-druckgastemperatur zu optimieren.

Während bei der Auslegung des Distributionszentrums Hochdruck und Umgebungstemperatur gekoppelt sind, ist die Luft-Wasser-Wärmepumpe differenziert zu betrachten. Hochdruck und Gaskühleraustrittstemperatur sind an die Wassertemperatur und den Pinch-Point des Gaskühlers gekoppelt. Bei variierender Umgebungstemperatur muss die Anlage durchgehend transkritisch betrieben werden, keine Last wird von der Parallel- auf die NK-Stufe verlagert. Da die COP-Verbesserung durch Ejektoren für hohe Gaskühleraustrittstemperaturen/-drücke am größten ist, ist eine Kopplung von Wärme und Kälte erstrebenswert.

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